Neuer Praxisleitfaden für die Verrechnungspreisanalyse von der UN veröffentlicht

Ende April hat die UN die dritte Auflage des Praxisleitfadens „Verrechnungspreise“ veröffentlicht. Der Leitfaden soll den Steuerverwaltungen helfen, Verrechnungspreisregeln umzusetzen und in Betriebsprüfungen anzuwenden. Er kann aber auch für deutsche Steuerpflichtige bei der Durchführung der Verrechnungspreisanalyse hilfreich sein.

Einleitung und Einordnung

Am 27.04.2021 hat die UN die inzwischen dritte Auflage des Leitfadens zu Verrechnungspreisfragen veröffentlicht. Die Hauptschwerpunkte liegen auf der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes sowie der Umsetzung eines rechtlichen Rahmens einschließlich des Verwaltungsapparates für die Verrechnungspreisprüfung in Entwicklungsländern. Der Schwerpunkt liegt auf Transaktionen, die für Entwicklungsländer besonders relevant sind. Das UN Manual verweist ausdrücklich auf die Papiere der OECD. Die UN ist an vielen Stellen deutlich konkreter und praxisnäher als die OECD. Mithin sollte es auch für deutsche Betriebsprüfungen eine Interpretationshilfe für die Umsetzung des Fremdvergleichs bieten.

Das UN Manual soll politischen Entscheidungsträgern und Steuerverwaltungen in Entwicklungsländern bei der Bewältigung komplexer Verrechnungspreisfragen helfen, um Doppelbesteuerung zu vermeiden und Streitigkeiten zu lösen. Inhalte vorheriger Auflagen in Bezug auf Gewinnaufteilung, Finanztransaktionen, Vergleichbarkeitsfragen und zentralisierte Einkaufsfunktionen wurden aktualisiert. Die folgenden Themen wurden unter anderem ergänzt: Konzerninterne Dienstleistungen, Kostenumlageverträge und immaterielle Werte. Die Anhänge liefern Details für die Analyse in sechs Ländern: Brasilien, China, Indien, Mexiko, Südafrika und Kenia.

Vergleichbarkeitsprobleme

Das UN Manual benennt die Vergleichbarkeitsanalyse als Kernelement der Verrechnungspreisanalyse. Es erklärt Vergleichbarkeitsprobleme bei Entwicklungsländern und zeigt anhand von praktischen Beispielen auf, wie diese zu lösen sind.

Oftmals fehlen gute Vergleichswerte. Der Leitfaden regt in diesen Fällen an, ökonomisch nachzudenken. Sollten nicht hinreichend Vergleichsdaten zu finden sein, sollte sich die Analyse auf die wirtschaftlich bedeutsamsten Merkmale der kontrollierten Transaktion konzentrieren und auf andere, weniger kritische Screening-Kriterien verzichten.

Wo dies der Fall ist, kann ein sekundäres Screening besonders nützlich sein, um die Menge der potenziellen Vergleichswerte zu verfeinern. Das UN Manual empfehlt auch die Anwendung des sogenannten Toolkits „Addressing a Lack of Access to Comparables for Transfer Pricing Analyses“ als Praxishilfe der Weltbank, des IMF, der OECD und der UN.

Immaterielle Werte

Das UN Manual betont die hohe Relevanz von immateriellen Werten. Die Definition von immateriellen Werten ist an die OECD angelehnt und das DEMPE-Konzept wurde aufgenommen, allerdings in Gestalt des DAEMPE-Konzepts. Das “A” steht für Akquisition. Die UN betont damit die hohe Bedeutung von Unternehmenskäufen für die Gewinnung von immateriellen Werten. Demnach ist ein immaterieller Werte nach einem Kauf dort zu sehen, wo die Entscheidung zum Kauf getroffen wurde. Die Leitlinie lehnt sich an die OECD Leitlinien an, was weitere Aspekte betrifft: Werte aus Kaufpreisallokationen (PPAs) können als Ausgangspunkt einer Bewertung dienen. Mögliche Abweichungen sind aber zu berücksichtigen und entsprechend Anpassungen vorzunehmen. Marktbedingungen und Gruppensynergien werden nicht als immaterielle Werte gesehen. Mitarbeiterentsendungen führen nach Vorstellungen der UN nicht zum Übergang von immateriellen Werten. Dieses Bild kann sich allerdings ändern, wenn mit der Entsendung immaterielle Werte etwa Zeichnungen oder Algorithmen mitgenommen werden.

Einkaufsfunktionen

Die Leitlinien der UN betonen unterschiedliche Vergütungen für Einkaufsfunktionen. Die UN denkt vornehmlich einen kostenbasierten und einen volumenbasierten Ansatz an. Bei dem kostenbasierten Ansatz erfolgt die Vergütung auf Grundlage der Kosten, die mit der Einkaufsfunktion zusammenhängen. Der volumenbasierte Ansatz reklamiert eine Vergütung abhängig von dem Einkaufsvolumen. Dies entspräche dann einer Umsatzrendite. Sofern vorliegend und vergleichbar, wäre eine über die Preisvergleichsmethode ermittelte Einkaufsprovision als Vergütung denkbar. In besonderen Fällen ist auch ein Profit Split angezeigt, insb., wenn besondere Technologie für den Einkauf verwendet wird.

Finanztransaktionen

Zu Finanztransaktionen wurde ein neues Kapitel aufgenommen. Ausgangspunkt der Analyse sollte die Frage sein, ob ein fremder Dritter unter vergleichbaren Umständen ein Darlehen aufgenommen hätte. Daran anschließend ist die Zinshöhe festzulegen. Realistische Alternativoptionen sollten abgewogen werden für Darlehensnehmer und -geber. Hierbei sind die Funktionen und Risiken, die wirtschaftlichen Umstände und Geschäftsstrategien zu berücksichtigen. Die Ausführungen sind deutlich detaillierter und mit mehr Beispielen hinterlegt als die OECD Ausführungen. Beispielhaft sei der Verweis auf die S&P Methode zur Ermittlung des Ratings genannt. Das UN Manual stellt fest, dass auch ein negativer Konzernrückhalt denkbar ist. Ebenso sind Länderrisiken einzubeziehen.

Es fehlen Ausführungen zu Hedging, Cash Pool und Captives. Die UN fordert zunächst die Anwendung der am besten geeignetsten Methode. Sie hat aber eine hohe Präferenz für den externen bzw. internen Preisvergleich. Profit Splits sind nur für Cash Pools anzuwenden. Treasury Funktionen sind nicht zwingend als Routinefunktion zu vergüten, abhängig von den getragenen Risiken.

Auf Grund der vielen Beispiele dürfte der Abschnitt zu Finanztransaktionen eine hohe Relevanz für die Praxis haben.

Quelle

UN, United Nations Practical Manual on Transfer Pricing for Developing countries 2021 – April 2021, Third Edition, UN, New York

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