Honorarvertrag als Gestaltungsmöglichkeit zur arbeitsvertraglichen Entsendung
Oft stellt sich in der Praxis die Frage, ob bei einem Auslandseinsatz der Abschluss eines „Honorarvertrags“ eine alternative Gestaltungsmöglichkeit zum Arbeitsvertrag darstellt.
Entscheidung hierüber treffen zu können, welche der beiden Möglichkeiten der Vorzug zu geben ist, müssen die Unterschiede dargestellt, sowie die Vor- und Nachteile abgewägt werden.
Abgrenzung
Vor der Abgrenzung müssen zunächst die Begrifflichkeiten geklärt werden.
Mit dem in der Praxis häufig verwendete Begriff des Honorarvertrags ist eine selbstständige Tätigkeit auf dienstvertraglicher Basis gemeint. Ein solches Dienstverhältnis, welches kein Arbeitsverhältnis ist, wird als ein freies Mitarbeiterverhältnis bezeichnet. Diese Begrifflichkeit wird auch nachfolgend verwendet.
Die Abgrenzung des freien Mitarbeiterverhältnisses und des Arbeitsverhältnisses erfolgt nach dem Begriff des Arbeitsvertrages (§611a BGB). Maßgeblich ist danach, ob eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des fremden Betriebs vorliegt und der Betriebsinhaber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Einsatz auch nach Zeit und Ort trifft und damit eine Personalhoheit ausübt.
Folgende Kriterien sprechen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses:
- Bezeichnung des Vertrags und der Vertragsparteien als Arbeitsvertrag und als Arbeitnehmer/Arbeitgeber
- Umfassende Weisungsgebundenheit (Inhalt, Zeit, Ort)
- Eingliederung in die Betriebsorganisation
- Keine eigene Betriebsstätte/Betriebsorganisation
- Fremde Betriebsmittel
- Persönliche Leistungserbringung
- Keine unternehmerischen Chancen und Risiken
- Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend für ein Unternehmen
- Keine Gewährleistung für Sach- und Personenschäden
Für die Rechtsprechung ist hierbei nicht das Vorliegen aller Kriterien maßgeblich, sondern die Gesamtbetrachtung aller für die rechtliche Einordnung der Vertragsbeziehung wesentlichen Umstände. Des Weiteren gilt es den objektiven Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Im Falle eines Widerspruchs zwischen Vereinbarung und tatsächlicher Durchführung, so ist die praktische Handhabung maßgeblich.
Pro und Contra
Sollte es dem Unternehmen konkret auf eine „Steuerung“ der Mitarbeiter ankommen, so bietet sich ein Arbeitsverhältnis an. Hierbei stellt der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt und der Arbeitgeber definiert die Arbeit in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht durch Weisung. Die Tätigkeit würde so in einem fremden Betrieb gemäß dem vom Arbeitgeber aufgestellten arbeitsorganisatorischen Vorgaben und unter Inanspruchnahme seines technischen Apparates.
Ein weiterer Vorteil des Arbeitsverhältnisses ist die Flexibilität den Mitarbeiter nach eigener Entscheidung gemäß den betrieblichen Bedürfnissen einzusetzen. Nachteilig ist hier jedoch die erhöhte Schutzbedürftigkeit aus Sicht des Arbeitgebers für den Mitarbeiter. Dies schließt die Abgabe von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen mit ein.
Bei der Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses kommt das arbeitsrechtliche Sonderrecht nicht zur Anwendung. Der freie Mitarbeiter kann sich weder auf das Arbeitnehmerschutzrecht berufen noch sozialversicherungsrechtlichen Schutz einfordern. Auch für die Abführung der Steuern ist er selbst verantwortlich.
Dies sieht zunächst für das Unternehmen attraktiv aus, weshalb sich oftmals für ein freies Mitarbeiterverhältnis ausgesprochen wird. Es gilt jedoch zu beachten, dass dann auch nur die vertraglich genau skizzierte Leistung verlangt werden kann. Eine Anpassung an neue Umstände ist einseitig demnach nicht möglich und bedarf stattdessen, ebenso wie jede Zusatzaufgabe, eines Einvernehmens. Des Weiteren ist deine enge Führung des Mitarbeiters nicht möglich, da auch Kontrollen beispielsweise nur sachbezogen oder ergebnisorientiert sein müssen.
Gerade in den Fällen der Auslandseinsätze zeigt die Praxis, dass diese sehr maßgebliche Weichenstellung zwischen Arbeitsverhältnis und freiem Mitarbeiterverhältnis oftmals nicht, jedenfalls nicht durchgängig, mit hinreichender Sorgfalt genommen wird. Einerseits soll zwar der Mitarbeiter eng durch die Zentrale angeleitet und organisatorisch eingebunden und überwacht werden. Arbeitnehmerschutzrechte oder eine Mitgliedschaft in der Deutschen Sozialversicherung will man ihm aber nicht zugestehen. Der Auftraggeber muss sich also entscheiden, welche Vorteile, die sich mit der jeweiligen Vertragsgestaltung verbinden, für ihn unverzichtbar sind. Zugleich muss er bereit sein, die damit verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen.
Fazit
Das freie Mitarbeiterverhältnis ist eine Alternative zum Arbeitsverhältnis bei Auslandseinsätzen. Die Vor- und Nachteile, die für die jeweilige Gestaltungsvariante verbunden sind, müssen sorgfältig abgewägt werden. Fällt die Wahl zugunsten eines freien Mitarbeiterverhältnisses, gilt es aber dringend darauf zu achten, dass dem Leitbild der freien Mitarbeit nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Wirklichkeit entsprochen wird. Insbesondere darf dann nicht auf tägliche Arbeitsabläufe steuernd vom Inland aus Einfluss genommen, die Arbeit zwischen Inlands- und Auslandsmitarbeitern organisatorisch eng verzahnt und sogar Über- und Unterordnungsverhältnisse länderübergreifend geschaffen werden. Der Fokus muss vor allem auf einer sorgfältigen und sehr konkreten Leistungsbeschreibung liegen, die weitere konkretisierende Weisungen überflüssig macht. In der Praxis werden hier zu viele Fehler gemacht und erhebliche Risiken für eine Scheinselbstständigkeit begründet. Daher ist stets genau abzuwägen, ob eine freie Mitarbeit eine wirkliche Alternative darstellt.
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