BFH: Besteuerung von Einkünften aus ausländischen Altersvorsorgesystemen – 401(k) pension plan

BFH Entscheidung stellt sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung:

Die nach US-amerikanischem Steuerrecht erfolgte steuerliche Förderung von Beiträgen in einen „401(k) pension plan“ in der Ansparphase soll nicht zu einer vollen nachgelagerten Besteuerung der späteren Auszahlungen führen.

Bisherige Auffassung

Die Finanzverwaltung vertritt länderübergreifend die Auffassung, dass Auszahlungen aus US-amerikanischen Vorsorgeplänen, die im Protokoll vom 01.06.2006 zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den USA vom 29.08.1989 (Nr. 16 zu Art. 18A), genannt sind, gemäß § 22 Nr. 5 EStG als sonstige Leistungen zu besteuern sind. Sofern die Leistungen auf Beiträgen beruhen, die in der Ansparphase in den USA seit dem 01.01.2008 steuerfreigestellt waren, sollen die Beiträge als nach § 3 Nr. 63 EStG gefördert gelten. Die sich insoweit ergebenden Leistungen sollen danach grundsätzlich in voller Höhe nachgelagert nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu versteuern sein.

Mit der Entscheidung des BFH ist dieser nun im Zusammenhang mit einem sog. US-amerikanischen Vorsorgeplan „401(k) pension plan“ entgegengetreten und hat die Anwendung von § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG bei Förderung der Beiträge aufgrund US-amerikanischen Rechts mit Urteil vom 28.10.2020 abgelehnt.

Der Fall

Der Kläger war im Rahmen einer Entsendung von Mitte 2005 bis Mitte 2011 im Auftrag seines deutschen Arbeitgebers in den USA tätig. Während des Entsendezeitraums hatte der Kläger seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben und seinen einzigen Wohnsitz in den USA. Der US-amerikanische Arbeitgeber ermöglichte dem Kläger, an einem „401(k) pension plan“ teilzunehmen, bei dem sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer Beiträge zu leisten hatten. Die Beiträge blieben während der Ansparphase in den USA nach US-amerikanischen Vorschriften steuerfrei.

Nach seiner Rückkehr aus den USA und (Wieder-)Begründung seines deutschen Wohnsitzes erhielt der Kläger eine Auszahlung aus seinem „401(k) pension plan“. Diese erklärte er im Rahmen seiner deutschen Einkommensteuererklärung mit dem Unterschiedsbetrag zwischen Auszahlung und der hierauf geleisteten Beiträge – und damit lediglich mit dem Wertzuwachs – als steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 S. 2 EStG). Die in der Ansparphase geleisteten Beiträge seien nicht nach den im Gesetz genannten – deutschen – Bestimmungen steuerlich gefördert worden (z.B. durch Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG oder Sonderausgabenabzug nach den Vorschriften des EStG), so dass die Voraussetzungen für die Besteuerung der Auszahlung in voller Höhe nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG (volle nachgelagerte Besteuerung) nicht vorlägen.

Das Finanzamt hat – soweit die Einzahlungen nach dem 01.01.2008 erbracht worden sind – abweichend hiervon jedoch nicht nur den Wertzuwachs, sondern die gesamte Auszahlung der Besteuerung unterworfen. Zwar sei die steuerliche Förderung der Beiträge nach US-amerikanischen Vorschriften nicht vom Wortlaut des § 22 Nr. 5 S. 1 EStG gedeckt. Würde die Auszahlung im vorliegenden Fall jedoch nur in Höhe des Wertzuwachses besteuert werden, würde dies zu einer doppelten Nichtbesteuerung dergestalt führen, dass die Beiträge bereits in der Ansparphase (in den USA) nicht der Besteuerung unterlegen haben und auch bei der späteren Auszahlung (in Deutschland) nicht der Besteuerung unterworfen würden; dies könne nach Auffassung der Finanzverwaltung vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein. Die Beiträge in den „401(k) pension plan“ seien daher zur Schließung dieser Gesetzeslücke im Wege der Auslegung als „fiktiv“ im Sinne des § 3 Nr. 63 EStG begünstigt anzusehen mit der Folge, dass die gesamte Auszahlung in voller Höhe nachgelagert zu besteuern sei. Da der Kläger mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch erfolglos blieb, hat er Klage erhoben.

Das erstinstanzliche FG Köln hat der Klage mit Urteil vom 09.08.2018 stattgegeben und entschieden, dass das Finanzamt die in 2011 erfolgte Auszahlung zu Unrecht in voller Höhe der Besteuerung unterworfen hat. Vielmehr dürfe lediglich der Unterschiedsbetrag zwischen der Leistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge der inländischen Besteuerung unterworfen werden (§ 22 Nr. 5 S. 2 EStG). Für die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung sah das Finanzgericht weder eine Rechtsgrundlage im nationalen Recht noch im Abkommensrecht. Die Auslegung des Gesetzes im Sinne der Finanzverwaltung zur Schließung einer „Gesetzeslücke“ führe vielmehr zu einer unzulässigen Rechtsfortbildung. Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Revision der Finanzverwaltung als unbegründet zurückgewiesen. Er hat zwar bestätigt, dass Leistungen aus einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan „401(k) pension plan“ sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG darstellen. Die Einkünfte seien nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG jedoch lediglich in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Kapitalauszahlung und Einzahlungen zu besteuern, sofern der Steuerpflichtige während der Ansparphase nicht der inländischen Besteuerung unterlag, so dass die in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten steuerrechtlichen Freistellungen oder Förderung von Beiträgen nicht gewährt werden konnten. Der BFH stellt klar, dass es die Regelungen in § 22 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG weder nach ihrem Wortlaut noch im Wege rechtsfortbildender Analogie ermöglichen, die nach US-amerikanischem Steuerrecht während der Ansparphase tatsächlich gewährte Freistellung der Beiträge in den „401(k) pension plan“ zum Anlass zu nehmen, die Leistungen hieraus im Inland (in voller Höhe) nachgelagert zu besteuern. Die Regelung einer hiervon abweichenden Besteuerung sei alleine dem inländischen Gesetzgeber vorenthalten.

IAC Praxis – Hinweis

In der Entsende-Praxis sind Auszahlungen aus US-amerikanischen Vorsorgeplänen während deutscher Steuerpflicht keine Seltenheit. Nicht nur die in den USA weitverbreiteten sog. „401(k) pension plans“ sind von der Problematik der nachgelagerten Besteuerung betroffen, sondern grundsätzlich auch Auszahlungen aus anderen gängigen US-amerikanischen Vorsorgeplänen wie z.B. sog. „Individual Retirement Accounts“ („IRA“).

Entsprechende Sachverhalte sollten sorgfältig geprüft und mit Ihrer internationalen Steuerberatung thematisiert werden. Die Behandlung ist weiterhin spannend und hier ist das letzte Wort und Urteil sicherlich noch nicht festgelegt bzw. gefunden.

 

Quellen:

Finanzgericht Köln, Urteil vom 09.08.2018, 11 K 2738/14

BFH, Urteil vom 28.10.2020, X R 29/18

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